Offene Beziehung – „Meine Erfahrung mit Monogamie und Polyamorie“

 


Wo fühlst Du Dich auf Beziehungsebene? Monogam oder eher polyamor?

Vielleicht hast Du Dich ja schon einmal im Verlauf Deines vielleicht aktuell monogamen Weges, eine Beziehung zu führen, mit dem Thema „Polyamorie als alternative Beziehungsform“ auseinandergesetzt. Oder womöglich hast Du Dich im Netz über „Offene Beziehung“, „Polyamorie“, „Freie Liebe“, „Dreierbeziehung“ informiert und für Dich geprüft, ob diese Lebensweise eine mögliche Alternative darstellen könnte, innerhalb derer Du Deine inneren Gefühle besser ausleben könntest.

In unserer Gesellschaft leben die meisten Menschen in monogamen Beziehungen, doch was ist, wenn man plötzlich anders fühlt? Wenn man sich in einer monogamen Beziehung irgendwie eingesperrt fühlt? Oder wenn man spürt, dass man mehrere Menschen liebt und mit ihnen vielleicht auch Nähe und Berührungen teilen möchte?

Als Single kannst du diesen Weg einfach einmal ausprobieren.

Wenn Du aktuell jedoch in einer monogamen Beziehung lebst und irgendwann feststellst, dass Du polyamor fühlst, und lieber eine „Offene Beziehung“ führen möchtest, kann es durchaus komplizierter werden.

Vielleicht bist Du auch der Typ Mensch, der immer wieder Beziehungen über einen relativ kurzen Zeitraum – quasi serielle Monogamie – führt, der sich dabei jedoch nie wirklich tief und dauerhaft auf einen  anderen Menschen einlassen will, aus Angst, seine Freiheit zu verlieren.

Ich selbst bin ein großer Freund davon, alles, was mich interessiert, erst einmal auszuprobieren, und mich bei Bedarf auch neu zu orientieren, sobald ich neue Erfahrungen gemacht habe. Das heißt, erst mal im Kopf angelegte Grenzen durchbrechen und schauen, was mich dann erwartet. Danach können die Grenzen neu definiert werden.

In der Anfangsphase einer Beziehung kann die offene Ansprache der Angst davor, die Freiheit aufgeben zu müssen, hier Klarheit schaffen. Diese Aussprache über vorhandene Ängste wirkt ehrlich und fühlt sich befreiend an. Sie schafft ein stabiles Fundament, auf dem eine authentische Beziehung aufgebaut werden kann.  Es kann sogar sein, dass bereits nur der Gedanke daran, alle Freiheiten zu haben, schon genügt, um sich völlig frei zu fühlen, und man sich letztendlich dann sogar nur auf eine Person einlassen möchte.


Warum taucht bei dem Wunsch nach einer „Offenen Beziehung“ oder „Polyamorie“ womöglich das ein oder andere Fragezeichen im Kopf auf?

Was macht diese Art, sein Leben zu gestalten, kompliziert?
Woher könnten Widerstände kommen ?

Das hängt sehr stark mit unserer Prägung, unserer Kultur und unserer Religion zusammen.

Es gibt Völker, die diesbezüglich sehr frei leben und dadurch von Kind an auf Polyamorie geprägt sind. Interessanterweise fühlen sie keine Eifersucht und sie spüren auch keine Verlustangst (mehr darüber in meinem Blog-Beitrag über das Volk der Mosuo).

In unserer Kultur leben die meisten Menschen monogam. Insofern bekommen wir als Kinder ein monogames System vorgelebt. Was wir als Kinder sehen und lernen, prägt uns sehr stark. Wir fühlen uns in dem, was wir in unserer Kindheit erlebt haben, beheimatet. Und wer verlässt schon gerne seine innere Heimat?

Es ist für die meisten Menschen relativ einfach, wenn der Partner eigene Interessen verfolgt wie zum Beispiel, eigenen Hobbys nachgeht oder sich mit eigenen Freunden alleine trifft. Hier sehen wir keine Gefahr für unsere Beziehung, obwohl es häufiger vorkommt, dass sich gerade hierüber zwei Menschen ineinander verlieben und daraus womöglich eine heimliche Affäre entsteht. Wir sehen vor allem dann eine Gefahr für unsere Beziehung, wenn zärtliche Berührungen und sexuelle Intimität ins Spiel kommen. Diese Sicht resultiert oftmals daraus, dass hier sehr intensive Gefühle entstehen können. Womöglich möchten wir nicht, dass unser/e Partner*in solche Gefühle mit anderen teilt. Vielleicht kommt es auch daher, dass wir uns stark von unserer/m Partner*in getrennt fühlen, wenn wir uns vorstellen, dass sie/er gerade mit einer anderen Person intim verbunden ist. Es gibt zwar intensive Begegnungen auf allen Ebenen – zum Beispiel Augenkontakt oder manchmal ist ja auch ein Gespräch sehr berührend – doch diese tiefe körperliche Verbindung, ja regelrecht Verschmelzung zweier Körper, gibt es sonst nirgends.

Monogamen Beziehungen sind bekanntermaßen vor Affären nicht geschützt.
Eine wirkliche Sicherheit haben wir nicht, auch wenn wir mal „bis dass der Tod euch scheidet“ mit einem damals gefühlten „Ja“ bestätigt haben. „Sich verlieben“ kann man mit keiner Regel der Welt steuern, da Regeln auf mentaler Ebene, und die Liebe auf emotionaler Ebene beheimatet sind.


Die menschlichen Grundbedürfnisse nach Tony Robbins

Kennst du vielleicht die sechs menschlichen Grundbedürfnisse nach Tony Robbins?
Ich möchte hier näher auf die beiden ersten Grundbedürfnisse eingehen.

  • Punkt eins hierbei ist Sicherheit.
    Sicherheit bezieht sich auf alle Bereiche, zum Beispiel wollen wir die Sicherheit einer Arbeit mit einem geregelten Einkommen. Und auf Beziehungsebene wünschen wir uns eine stabile Partnerschaft, wo wir uns aufgehoben und geborgen fühlen.
  • Punkt zwei ist Abwechslung.
    Neben der Sicherheit (Punkt eins) suchen wir jedoch auch  das Abenteuer. Wenn unser Leben immer genau nach Plan verlaufen würde, dann käme bald gähnende Langeweile auf.

Übertragen auf die Beziehungsebene stellt sich somit die Frage, ob bei den Beziehungspartnern eher Punkt eins (Sicherheit) oder Punkt zwei (Abwechslung) dominiert.

Häufig nimmt Punkt zwei, also das Bedürfnis nach Abwechslung, mit fortschreitender Beziehungsdauer einen immer größer werdenden Stellenwert ein und lässt sich mit Punkt eins, der Sicherheit, kaum noch vereinbaren. Ein dann oft gewählter Ausweg ist die geheime Affäre, die Punkt zwei bedient und Punkt eins (da geheim) nur bedingt gefährdet. Allerdings spielt hier immer die Angst mit, dass man die Affäre auf Dauer nicht geheim halten kann, und womöglich die Beziehung letztendendlich daran zerbrechen wird. Zudem kann diese Angst als ständiger Begleiter einen auch daran hindern, sich komplett hingeben und fallen lassen zu können.


Meine Erfahrung von der Monogamie in die „Offene Beziehung“

Mein Partner und ich haben irgendwann die kindliche Prägung auf Monogamie und die Moral der christlichen Kirche hinter uns gelassen und nach vielen intensiven Zwiegesprächen für unsere Beziehung neue Regeln festgelegt. Wir waren bereit, uns selbst und dem Partner unsere eigenen Gefühle zu erlauben. Dabei haben wir uns gegenseitig die Freiheit zugestanden, auch mit anderen Menschen tiefe Begegnungen erleben zu dürfen.

In den beiden ersten Jahren hatten wir trotz der neu festgelegten Offenheit keine anderen Begegnungen, innerhalb derer wir intim wurden. Wir waren auch nicht wirklich auf der Suche danach. Nichtsdestotrotz haben wir eine unglaubliche Freiheit gespürt: Die Freiheit, in einer ehrlichen Partnerschaft leben zu dürfen, die gleichzeitig Offenheit für Abenteuer zulässt.

Schließlich kamen Phasen, wo jeder von uns andere Partner*innen parallel zu unserer Beziehung hatte. Das war immer wieder für uns beide sehr bewegend. Zum einen sehr aufregend und bereichernd und zum anderen haben wir aber auch Verlustangst gespürt, mitunter sehr heftig. Teilweise dachten wir darüber nach, ob das neue offene Beziehungsmodell wirklich zu uns passt. Wir haben uns jedoch immer wieder neu für die Freiheit entschieden. Wenn ich dem Partner alle Freiheiten lasse, und er immer wieder zu mir zurückkommt, dann ist das ja auch ein starkes Zeichen dafür, dass er sich in der Partnerschaft wohl fühlt. Wir haben das Gefühl, dass unsere Partnerschaft durch die Offenheit an Tiefe gewachsen ist, da wir uns unsere Gefühle sehr intensiv mitgeteilt haben. Wir haben uns mit all unseren Facetten und Ängsten einander gezeigt.


Monogamie, Polyamorie, Offene Beziehung – Welcher Weg ist für Dich stimmig? 

Für uns beide ist nach ständigem Ausloten der offene Weg bis heute stimmig. Was sich im Endeffekt stimmig anfühlt, muss natürlich jeder für sich selbst entscheiden.

Aus meiner Erfahrung heraus ist es enorm wichtig, dass in einer Partnerschaft wirklich BEIDE diesen Weg miteinander gehen möchten. Wenn nur einer bejaht und der andere nur aus Angst, den geliebten Partner sonst womöglich zu verlieren, mitspielt, dann verleugnet er sich selbst, die Beziehung verliert an Authentizität, und Spannungen sind vorprogrammiert. Wenn einer monogam fühlt und einer polyamor, kann ein weiterer gemeinsamer Weg recht holprig werden .

Zwiegespräche, innerhalb derer man auslotet, was sich jeder von der Partnerschaft erhofft, stellen hierbei ein wirksames Instrument dar, ein gemeinsames Beziehungsfundament zu schaffen, von dem aus die geeignete Beziehungsform aufgebaut werden kann.

Wenn Du mehr über Zwiegespräche erfahren möchtest, in dem Blogbeitrag „Fremdgehen, Affäre, Seitensprung“ beschreibe ich sie detaillierter.


Ein Buchtip dazu:

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Hier ein Buch über Zwiegespräche:

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