Die Besuchs-Ehe – eine alternative Beziehungsform
Als „Besuchs-Ehe“ bezeichnet man eine Beziehung zwischen zwei Menschen, bei der die Partner getrennt voneinander wohnen und sich gegenseitig besuchen, um die Nacht miteinander zu verbringen.
Diese Form der Verbindung findet man zum Beispiel bei dem chinesischen Volk der Mosuo, bei den Khasi in Indien oder bei dem afrikanischen Volk der Nuer.
Mich hat die Art, in Form der Besuchsehe in Kontakt zu sein, sehr fasziniert.
In unserem Kulturkreis kann es bei unserer Form der Ehe schon mal vorkommen, dass die Paarbeziehung unrund läuft. Es wir viel von ihr erwartet, sie hat einige Aufgaben zu erfüllen:
neben der romantischen Liebe – möglichst ein Leben lang – beinhaltet sie auch den gemeinsamen Haushalt, die Betreuung der Kinder und die Finanzierung der Bedürfnisse der Familie.
Die Besuchsehe fühlt sich für mich im Gegensatz dazu zum einen viel leichter und zum anderen sehr frei an.
Wie leben die Mosuo und was genau bedeutet die Besuchs-Ehe?
Die Mosuo leben matrilinear, das heißt, die Kinder wachsen bei der Mutter und ihrer Familie auf. Sie sind über den Landbesitz der Mutter und die familiäre Unterstützung abgesichert. Die Männer wohnen ebenso wie ihre Schwestern und deren Kinder bei ihrer Mutter. Sie kümmern sich um die Kinder ihrer Schwestern, also um ihre Neffen und Nichten. Der biologische Vater spielt bei der Entwicklung der Kinder keine oder nur eine untergeordnete Rolle.
Sowohl Frauen als auch Männer dürfen mit mehreren Partner*innen nebeneinander oder nacheinander sexuelle Beziehungen pflegen, wodurch der Vater der Kinder nicht immer bekannt ist. Die Art der Beziehung kann von beiden Seiten jederzeit aufgelöst werden. Es werden keine Verträge wie bei einer uns bekannten Ehe geschlossen.
Bei den Mosuo wird die Besuchsehe „tisese“ genannt, was „hin- und zurückgehen“ bedeutet.
Im Haus der Familie haben die Mosuo-Frauen ein eigenes Zimmer, in dem sie ihre Liebhaber in der Nacht empfangen. Dieser klopft an die Zimmertür der Frau, mit der er gerne die Nacht teilen möchte. Wenn sie ihn empfangen möchte, lässt sie ihn eintreten. Er hängt seine Mütze außen an die Tür. Das ist das Zeichen dafür, dass ein weiterer Mann, der diese Frau besuchen möchte, nicht mehr klopft. Der Mann kehrt am Morgen in den Haushalt seiner Großfamilie zurück.
Es kommt oft vor, dass sich immer wieder das gleiche Paar zusammenfindet. In diesem Fall ist dann der biologische Vater der Kinder bekannt.
Beenden der Besuchs-Ehe
Wenn allerdings einer der Beziehungspartner den anderen nicht mehr sehen möchte, ist das völlig in Ordnung. Es wird ohne viel Aufsehen akzeptiert und hat keinerlei Konsequenzen.
Dieser Art der Verbindung wohnt eine große Leichtigkeit inne. Die Verpflichtungen, die unsere Art von Ehe mit sich bringt, liegen hier in der eigenen Familie. Insofern basieren die Treffen zwischen den sich Liebenden nur auf den Gefühlen füreinander. Wenn sich ihre Gefühle ändern, kann ihre Beziehung zueinander jederzeit gelöst werden, und sie bleiben sozial abgesichert.
Es muss nicht erst eine Familie mit eigener Wohnung oder Haus und den damit verbundenen Kosten gegründet werden. Das entlastet sowohl die Frau als auch den Mann.
Bei der Besuchs-Ehe gibt es keine kräftezehrenden und kostenintensive Trennungen
Wenn man als Paar freiwillig ein ganz Leben miteinander verbringt, ist das eine wundervolle Möglichkeit. Wenn man es nur aus Angst, finanziell im Ruin zu sein, tut, dann fühlt es sich an wie eine schwere Last. Die ehemals romantische Liebe oder der Himmel auf Erden kann bei unserer Form der Ehe gelegentlich zur Hölle werden, was in einer kräftezehrenden Trennung enden kann.
Bei den Mosuo gibt es zudem keine Drohungen, wer das Sorgerecht für die Kinder bekommt, und keine nervenraubenden und kostenintensive Scheidungen.
Infolgedessen muss hier auch niemand befürchten, als alleinerziehender Vater oder Mutter keine*n Partner*in mehr zu finden oder keine Zeit mehr dafür zu haben.
Auch kann die Mutter sich während der Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit auf ihre Aufgabe als Mutter konzentrieren. Wenn sie sich schwach fühlt, können sich ihre Schwestern und Brüder um den Einkauf, den Haushalt und die Geschwisterkinder kümmern.
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- Das Paradies ist weiblich von Ricardo Coler
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